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Ein Jahr Cannabis-Gesetz: Stuttgarts zwiegespaltene Bilanz

Marcus Werner
Marcus Werner

Veröffentlicht am 20. Mai 2025


Aktualisiert am 30. Mai 2025


🕒 3 Min. Lesezeit


Legalisierung
Politik
Wissenschaft
Ein Jahr Cannabis-Gesetz: Stuttgarts zwiegespaltene Bilanz

Ein Jahr Cannbis-Gesetz: Stuttgart sammelt Zahlen, Daten, Fakten und zieht Bilanz.

Foto: KI

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes zieht die Landeshauptstadt eine differenzierte Bilanz. Während sich die schlimmsten Befürchtungen nicht bewahrheiteten, geraten andere Bereiche unter Druck.

Abwasser lügt nicht – Konsum leicht gestiegen

Seit März 2023 analysiert das Zentrallabor Stuttgart monatlich das kommunale Abwasser auf Carboxy-THC, dem Abbauprodukt des psychoaktiven Cannabis-Wirkstoffs. 24 Proben täglich – kein Ort in Deutschland liefert präzisere Daten zum tatsächlichen Konsum.

Die Werte stiegen im Verlauf des ersten Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes um etwa 13 Prozent. Besonders auffällig: ein Peak im Februar 2024, noch vor der Legalisierung. „Da war zunächst mal der Gedanke: okay, die Konsumenten haben diese bevorstehende Legalisierung womöglich schon vorweggenommen“, sagt Peter Schilling, Leiter des Stuttgarter Zentrallabors, in der ARD-Dokumentation „Die Cannabis-Bilanz – Wie viel kiffst du, Deutschland?“ (ARD/WDR, April 2025).

Ein nachhaltiger Trend ließ sich daraus nicht ableiten. Zum Sommer 2024 gingen die Werte wieder zurück. Schilling fasst zusammen: „Das Aufregende an den Daten ist, dass die eigentlich so unaufregend sind“ (SWR, 20. Mai 2025).

Früher in die Klinik – weniger schwere Verläufe

Auch das Klinikum Stuttgart, eine der zentralen Suchtbehandlungsstellen im Südwesten, zieht ein erstes Fazit. Von über 6.700 Patientinnen und Patienten im Jahr 2024 erhielten rund 60 eine Hauptdiagnose auf Cannabis-Abhängigkeit. Dr. Maurice Cabanis, Ärztlicher Direktor und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin, beobachtet eine veränderte Dynamik: „Die Menschen kommen früher – und freiwillig.“

Drogeninduzierte Psychosen seien nicht häufiger geworden. Cabanis: „Was oft als großes Risiko vermutet wurde, ist ausgeblieben.“ Zugleich erleichtert das neue Gesetz den Zugang zur Behandlung. Jugendliche landen nun nicht mehr automatisch auf geschlossenen Stationen, sondern können in offenen Settings therapiert werden – ohne Angst vor Strafverfolgung.

„Wir können sie jetzt anders behandeln“, erklärt Cabanis in der ARD-Doku. Der Cannabiskonsum sei häufig eher ein Warnzeichen für bereits bestehende psychische Erkrankungen, nicht deren Ursache.

Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet die Teil-Legalisierung von Cannabis. Das geht aus einer imap-Umfrage hervor. Alle Zahlen und weitere Fakten gibt's im News-Artikel.

Ergebnisse der Umfrage

Justiz: Mehr Arbeit, weniger Kontrolle

Weniger entspannt fällt die Bilanz in der Justiz aus. „Eigentlich gehört das neue Gesetz abgeschafft“, sagt Susanne Dathe, Oberstaatsanwältin in Stuttgart, im Gespräch mit der Tagesschau (tagesschau.de, 19. Mai 2025).

Der Schwarzmarkt existiere weiter, der Jugendschutz habe gelitten. Zudem erschwere das neue Gesetz die Strafverfolgung organisierter Drogenkriminalität. Die Sachverhalte seien komplexer geworden, der Aufwand erheblich gestiegen.

Auch Hendrik Weis, Leiter des Rauschgiftdezernats der Polizei Stuttgart, bestätigt die Entwicklung: „Die Problematik ist jetzt, dass wir deutlich mehr investieren müssen, um den Dealer zu überführen.“

Legale Quellen fehlen – Schwarzmarkt bleibt

Ein weiteres strukturelles Problem betrifft die Versorgung. Ein Jahr nach der Teillegalisierung fehlt es noch immer an legalen Cannabisquellen. Anbauvereine kämpfen mit hohen bürokratischen Hürden, viele befinden sich noch in der Gründungsphase.

Solange der legale Markt nicht funktioniert, bleibt der Schwarzmarkt für Konsumenten die Hauptbezugsquelle. Auch die Stuttgarter Abwasseranalysen können diesen Effekt bislang nicht differenzieren. Die Forschenden um Schilling setzen ihre Untersuchungen fort.

Fazit

Ein Jahr nach der Teillegalisierung zeigt sich: Die große Konsumwelle ist ausgeblieben, schwere Suchtverläufe haben nicht zugenommen. Gleichzeitig wächst der Druck auf Justiz und Polizei, der legale Markt hinkt hinterher. Stuttgart liefert als Datenlabor der Republik nüchterne, aber wertvolle Erkenntnisse.

Quellen

ARD/WDR: „Die Cannabis-Bilanz – Wie viel kiffst du, Deutschland?“ (April 2025)

SWR.de, 20. Mai 2025

Tagesschau.de, 19. Mai 2025


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